
Peter Rautmann
Klaus Huber – 100
tritonus, Bremen (DE)
Klaus Huber war als Komponist, Musikschriftsteller und hoch geachteter Lehrer eine prägende Figur der Musik nach dem Zweiten Weltkrieg – eigenwillig, keiner Schule zugehörig, traditionsbewusst und innovativ, ein akribischer Handwerker, spekulativer Geist und leidenschaftlicher Kämpfer für eine humanere Welt. Anlässlich des 100. Geburtstag von Klaus Huber, der die letzten zwei Jahrzehnte seines Lebens in Bremen verbrachte, veranstaltet der dort von ihm mitbegündete Verein tritonus vom 17. bis 30. November 2024 ein Festival in der Plantage 13 in Bremen, das von der Ernst von Siemens Musikstiftung ermöglicht wird. Innerhalb von vier Konzerten tritt seine Musik in einen Dialog, sowohl mit älteren Werken, die wichtige Anknüpfungspunkte für Klaus Huber waren, als auch mit aktuellen zeitgenössischen Kompositionen, die auf ihn Bezug nehmen. Das Programm wird dabei von Musiker*innen gestaltet, die eng mit ihm zusammengearbeitet haben, wie das Ensemble Recherche oder Carin Levine, aber auch von jungen Ensembles, die Hubers Musik für eine neue Generation lebendig werden lassen.
Im Zentrum des ersten Konzerts steht die einzige künstlerische Zusammenarbeit zwischen Klaus Huber und Younghi Pagh-Paan: zwei separate Werke für Akkordeon bzw. Altflöte und Gitarre, die auch gleichzeitig erklingen können – eine utopische Begegnung von zwei eigenständigen musikalischen Wesen. Nach der Uraufführung 1993 erklingen die beiden Stücke in diesem Konzert das erste Mal wieder als gemeinsame Komposition. Außerdem auf dem Programm das Stück Ein Hauch von Unzeit III von 1972 in einer Ensembleversion. Das Duo Steimel-Müksch spielt die Uraufführung eines Werkes von Tobias Klich, das auf die Situation der räumlich verteilten Musiker*innen in Hubers Stück Bezug nimmt.
Beim zweiten Konzert steht das Instrument Viola d’amore im Fokus: Ein zentrales Werk im Spätwerk Klaus Hubers ist das Stück … Plainte… für Viola d’amore in Dritteltonstimmung, welches in mehreren Fassungen existiert, von denen zwei in diesem Konzert erklingen: die ursprüngliche Soloversion aus dem Jahr 1990 sowie die erweiterte Fassung für Viola d’amore, Gitarre und Schlagzeug, basierend auf einem späten Gedicht von Ossip Mandelstam. Ergänzt wird das Konzertprogramm mit weiteren aktuellen Werken für diese Besetzung, u.a. von CHEN Chengwen und Farzia Fallah, beide Absolventen der Hochschule für Künste Bremen sowie von Kaija Saariaho, die bei Klaus Huber studiert hat.
„Das Unabgegoltene im Vergangenen aufsuchen” – mit diesem frei an Ernst Bloch angelehnten Ausspruch erinnerte Klaus Huber oft daran, das ungenutzte Potential der Musikgeschichte immer wieder neu zu beleben und weiterzudenken. Vor diesem Hintergrund stehen die geplanten Aufführungen der Streichtrios von Webern und Schönberg im Dialog mit Hubers Streichtrio Des Dichters Pfug, gespielt vom Trio Recherche, für das dieses Werk 1989 komponiert wurde. Durch diese Kombination wird auch die kontrapunktische Traditionslinie deutlich, in der Hubers Musik steht. Ergänzt wird das Programm durch weitere Solowerke von Klaus Huber für Violoncello (1976) und Violine (2010).
Auch Hubers zweites Streichquartett … von Zeit zu Zeit … erfährt in der Gegenüberstellung mit Bartóks fünftem Streichquartett eine beziehungsreiche Einordnung in die Musikgeschichte. Die Interpretation dieser beiden Stücke übernimmt das vom Geiger Johannes Haase gegründete Bremer Streichquartett Pulse. In diesem Konzert wird zudem die Autorin Corinne Holtz Ausschnitte aus ihrer 2024 erscheinenden Biografie von Klaus Huber lesen.
Weitere Informationen:
tritonus-verein.de
Termine
17. – 30. November 2024
Plantage 13, Bremen