Kompositionsauftrag an Anda Kryeziu

Theater Basel (CH)

Vom einen Tag auf den anderen verstummt die Schauspielerin Elisabeth Vogler. Die junge Pflegerin Alma kümmert sich um sie und versucht sie wieder zum Sprechen zu bringen. Während Elisabeth aber beharrlich schweigt, vertraut ihr Alma immer intimere Gedanken und Erlebnisse an. Das Verhältnis zwischen Patientin und Pflegerin gerät aus dem Gleichgewicht. Zwischen den beiden Frauen entsteht eine obsessive Beziehung gegenseitiger Abhängigkeit, ein Spiel um Macht und Ohnmacht. In einem rätselhaften Prozess der wechselseitigen Identifikation verschwimmen die Grenzen ihrer Persönlichkeiten zunehmend, bis diese schließlich kollabieren und miteinander verschmelzen. Die beiden Frauen liefern sich ein verzweifeltes Duell der Identitäten und es wird zunehmend unklar, ob es sich um zwei Figuren oder um zwei Teile einer einzigen Persönlichkeit handelt.

Die Komponistin Anda Kryeziu zeichnet in ihrem Kammermusiktheater Persona, das auf dem gleichnamigen Film von Ingmar Bergmann beruht, ein musikalisches Psychogramm zweier Frauen, von denen eine spricht und die andere schweigt. Das Kammermusiktheater entsteht im Auftrag des Theater Basel in Kooperation mit Gare du Nord und wird von der Ernst von Siemens Musikstiftung unterstützt.

Persona thematisiert das Fehlen einer sinngebenden Sprache: die Sinnlücken oder Sprachlücken werden mächtiger als die Worte. Im Fokus steht das akustische Ungleichgewicht der Figuren, das sich im Spannungsverhältnis von Sprechen und Schweigen als aktive Akte manifestiert. Elisabeths Verweigerung des stimmlichen Ausdrucks provoziert Almas vokale Expressivität – ihre Geständnisse verhallen in einem Zwischenraum, die Suche nach Verbindung läuft ins Leere und wirft sie immer wieder auf sich selbst zurück. Die Beziehung der Figuren konstituiert sich auf verschiedenen Ebenen in der Komposition: Wiederholungs-, Echo- und Loopstrukturen, die Diffusion und Verräumlichung von Klangereignissen und deren Entkopplung von ihren Soundquellen. Neben den psycho-akustischen Innenwelten Almas und Elisabeths erzeugt die körperliche Nähe und Intimität der Figuren einen weiteren Klangraum, der durch den Einsatz von Sensoren und Kontaktmikrofonen erkundet wird. Hier öffnet sich ein Möglichkeitsraum, in dem vertraute Körperlichkeit in Verletzung und Gewalt übergehen und in eins fallen kann. Die Haut wird dabei zur sinnlichen Kontaktfläche zwischen zwei Individuen, ist gleichzeitig aber auch deren unüberwindbare Trennung. Nicht zuletzt steht die Auseinandersetzung mit der menschlichen Stimme als Abbild und Ausdruck von Persönlichkeit und Identität, die auf Alter, Geschlecht oder sogar auf Aussehen schließen lassen, im Zentrum des Projekts. Hierbei werden die Facetten und Grenzen des vokalen Ausdrucksspektrums ausgelotet und zum Katalysator eines beständigen Transformationsprozesses, welchem die Subjekte ausgesetzt sind.

Weitere Informationen:
theater-basel.ch

Termine

4., 6., 7., 15. und 16.  März 2023
Gare du Nord, Basel