Kompositionsauftrag an Marcus Schmickler

Stiftung Kunstmuseum Stuttgart (DE)

2025 feiert das Kunstmuseum Stuttgart ein doppeltes Jubiläum: 100 Jahre Sammlung und 20 Jahre Kunstmuseum am Schlossplatz. Zu diesem Anlass wird die Sammlung des Museums im gesamten Haus umfassend neu präsentiert. Die Ausstellung wird von einem breiten, interdisziplinär angelegten filmischen, literarischen und insbesondere musikalischen Rahmenprogramm begleitet.

Besonders hervorzuheben ist das mehrteilige Musik- und Multimediaprojekt The Great Wayfinders (Höhlenmusik I–IV), das von Marcus Schmickler (Komposition, Libretto) gemeinsam mit Tim Berresheim (Dramaturgie, Bühnenbild) entwickelt wird. Die Ernst von Siemens Musikstiftung ermöglicht den Kompositionsauftrag an Marcus Schmickler.

Das Stück wird sowohl als Konzert uraufgeführt (Stuttgart 2025), als auch über eine AV-Installation im musealen Kontext installiert (Düsseldorf, Frankfurt, London und weitere 2024). Laut Schmickler befinden wir uns gegenwärtig am Beginn einer neuen Epoche, der des Computerzeitalters, und vielleicht wird man in 300 Jahren über die heutige Zeit von einer „digitalen Steinzeit“ sprechen. Denn die Anfänge dieser neuen Epoche mögen rückblickend unbeholfen, gar archaisch erscheinen. Ausgehend von diesen Überlegungen wirft die Komposition einen Blick aus der Zukunft zurück auf unsere Gegenwart, die Schmickler als Resonanzraum der digitalen Paläontologie begreift.

Inhaltlicher Anker für die mehrteilige Komposition ist die Figur des Wayfinders (Pfadfinder), der unter anderem in der polynesischen Kultur, aber auch in deutschen Märchen wie Hänsel und Gretel auftaucht. Während die Protagonist*innen des Stücks spielerisch unterschiedliche Stadien von trial and error durchlaufen, erlernen sie eine neue Sprache – die der Digitalität. Das Libretto greift Bilder aus Engelbert Humperdincks Oper Hänsel und Gretel auf. Mithilfe von „Brotkrumen“ erforschen die Kinder den Wald der unbekannten digitalen Artefakte. Begleitet werden sie von zwei liebevollen Elternfiguren, die eine ihnen unbekannte Sprache sprechen.

Das Feld der Paläo-Organologie, in dem sich Schmickler bewegt, beschäftigt sich mit der Erforschung von Musikinstrumenten und dem Ursprung des Klangs. Demnach liegt das Wesen der Musik in der Natur selbst und begründet sich in der Nachahmung ihrer Klänge. Die Instrumente bestehen aus natürlichen Materialien wie Knochen, Samen, Muscheln und Steinen. Schmickler sieht in diesen archaischen Objekten eine ungeahnt präzise Kenntnis der Transmedialität. Auf diesen Überlegungen zu Klangquellen und dem Wesen der Musik fußt Schmicklers ungewöhnlicher Blick aus der Zukunft auf unsere Gegenwart, der Frühzeit des Computers. Durch die Klänge von Bienen und Muscheln verbindet die Komposition Erde und Meer mit Algorithmen, opaken Maschinen und Computern. Schmickler konzentriert seine Forschung über die Musik der digitalen Natur und alte Klanglandschaften auf die Wiederentdeckung der psychoakustischen Kräfte archetypischer Klänge und verfolgt damit einen neuen Ansatz für experimentelle Archäologie und Musikwissenschaft.

Weitere Informationen:
kunstmuseum-stuttgart.de

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Kunstmuseum Stuttgart