Petra Hajska

Musikalischer Widerstand gegen das ‚Protektorat Böhmen und Mähren‘

Förderverein musica reanimata, Berlin (DE)

Nachdem Truppen der Wehrmacht im März 1939 in Tschechien einmarschiert waren, proklamierte Adolf Hitler hier das „Protektorat Böhmen und Mähren“. Angeblich wurden diese Gebiete damit unter den Schutz des Deutschen Reiches gestellt. In Wahrheit war es eine Entrechtung der dortigen Bevölkerung, welche Menschen jüdischer Herkunft in besonderem Maße betraf. Jüdische Musiker*innen erhielten Berufsverbot, bis ihnen sogar der Besitz von Musikinstrumenten verboten war. Vom Widerstand der Bevölkerung zeugte das aufsehenerregende Attentat auf Reinhard Heydrich. Auch Musiker*innen leisteten Widerstand, jedoch auf verborgene Weise, die bisher wenig beachtet wurden. Das Projekt Musikalischer Widerstand gegen das ‚Protektorat Böhmen und Mähren‘ von musica reanimata stellt mit Konzerten und Gesprächen drei Komponisten vor, die künstlerischen Widerstand leisteten.

Rudolf Karel, 1880 in Pilsen geboren, einer der letzten Dvořák-Schüler, wurde nach einem abenteuerlichen Russland-Schicksal während des 1. Weltkrieges Professor für Komposition am Prager Konservatorium. Er war aber auch als Opernkomponist erfolgreich. Wegen seines aktiven Widerstands gegen die deutsche Besatzung kam Karel 1943 ins Gefängnis, wo er unter schwierigsten Bedingungen weiterkomponierte. Er starb im Februar 1945 in der Kleinen Festung von Theresienstadt. Der 1922 in Ostböhmen geborene Petr Eben durfte wegen seines jüdischen Vaters und Großvaters ab 1944 keine Schule mehr besuchen. Er wurde zu Zwangsarbeit verpflichtet, seine Großmutter ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Im Frühjahr 1945 kam er mit Vater und Bruder ins KZ Buchenwald. Aber auch nach dem Krieg war Eben wegen seiner politischen Haltung weiterhin Repressalien ausgesetzt. Miloslav Kabeláč, 1908 in Prag geboren, hatte bei Alois Hába und Erwin Schulhoff Musiktheorie und Komposition studiert. Wegen seiner Ehe mit einer jüdischen Musikerin erhielt er während der deutschen Besatzung Arbeits- und Aufführungsverbote. Obwohl er auch unter der stalinistischen Kulturpolitik unterdrückt wurde, gilt er heute als einer der wichtigsten tschechischen Komponisten des 20. Jahrhunderts. Er starb 1979 in Prag.

Nach dem Auftakt der Reihe mit einem Orgelkonzert werden die drei Komponisten in drei Gesprächskonzerten porträtiert. Im Vordergrund stehen dabei Werke, die sich mit der Situation unter der deutschen Besatzung auseinandersetzen. Das Konzertprojekt Musikalischer Widerstand gegen das ‚Protektorat Böhmen und Mähren‘ wird von der Ernst von Siemens Musikstiftung ermöglicht.

Weitere Informationen:
musica-reanimata.de

Termine

14. Juni 2024
Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, Berlin

15. und 16. Juni 2024
Wilhelm-von-Humboldtsaal, Staatsbibliothek zu Berlin