Ernst von Siemens Musikpreis 2024
Unsuk Chin
Biografie
Unsuk Chin
Unsuk Chin wurde 1961 in Seoul, Korea, geboren. Schon früh begann sie, sich selbst Klavier und Musiktheorie beizubringen und studierte anschließend Komposition an der Seoul National University bei Sukhi Kang. 1985 zog sie mit einem akademischen Austauschstipendium nach Europa, um in Deutschland zu studieren, und nahm bis 1988 an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg Kompositionsunterricht bei György Ligeti. Er ermutigte sie, über die Ästhetik der aktuellen Avantgarde hinauszuschauen. Nach Abschluss ihres Studiums bei Ligeti zog Unsuk Chin nach Berlin. Sie arbeitete als freischaffende Komponistin im Studio für Elektronische Musik der Technischen Universität Berlin. Bis heute ist ihr Lebensmittelpunkt in Berlin.
Schon in Trojan Women (1986) für drei Sängerinnen, Frauenchor und Orchester zeigte sich Chins originärer Stil: eine Musik, die in ihrer Sprache modern, in ihrer Aussagekraft aber lyrisch und nicht doktrinär ist. Es war jedoch das Akrostichon-Wortspiel (1991-93) für Sopran solo und Ensemble, das Chins internationalen Durchbruch markierte. Es wurde bis heute in über 20 Ländern von führenden internationalen Ensembles programmiert. 1992 wurde Unsuk Chin vom Reading Panel des Ensemble Intercontemporain in Paris ausgewählt, um 1994 Fantaisie mécanique zu schreiben. Es ist das erste von bisher sechs Werken, die von diesem Ensemble in Auftrag gegeben wurden. Bis heute hat die Komponistin eine enge Verbindung zu diesem Ensemble.
Die Uraufführung von Miroirs des temps im Auftrag der BBC für das Hilliard Ensemble und das London Philharmonic Orchestra im Jahr 2000 markierte den Beginn der Zusammenarbeit mit Kent Nagano, einem der wichtigsten Förderer von Chins Musik. Des Weiteren arbeitete sie mehrfach mit Sir Simon Rattle sowie Esa-Pekka Salonen, Gustavo Dudamel, Mirga Gražinyte-Tyla, Myung-Whun Chung und weiteren namhaften Dirigent*innen zusammen.
Ihre erste Oper Alice in Wonderland wurde im Juni 2007 an der Bayerischen Staatsoper in München als Eröffnungsstück der Münchner Opernfestspiele uraufgeführt. Die Inszenierung unter der Regie von Achim Freyer und dem Dirigat von Kent Nagano wurde im Jahrbuch der Opernwelt als „Weltpremiere des Jahres“ ausgezeichnet und stand auf der Liste der „Best of 2007“ der Los Angeles Times.
Von 2009 an entstanden wichtige Solokonzerte, so unter anderem ihr Violinkonzert, das bisher in 16 Ländern aufgeführt wurde. Die Uraufführung fand mit Viviane Hagner und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter der Leitung von Kent Nagano statt. Weitere Werke folgten wie Šu für Sheng und Orchester mit Wu Wei, ein Klarinettenkonzert für Kari Kriikku, ein Cellokonzert für Alban Gerhardt sowie Le Silence des Sirènes für Barbara Hannigan und das Lucerne Festival Academy Orchestra.
Mehrere Festivals für zeitgenössische Musik widmeten sich ihrer Musik: MITO Settembre Musica in Italien, Festival Musica Strasbourg, MADE Festival in Schweden, das Festival des Royal Northern College of Music in Manchester sowie Lucerne Festival.
Unsuk Chin hat zu vielen Orchestern eine enge Verbindung. Sie arbeitet regelmäßig u.a. mit Los Angeles Philharmonic, London Symphony Orchestra und den Berliner Philharmonikern zusammen. Beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin (2001/2) und in der Philharmonie Essen (2009) war sie Composer-in-Residence. Von 2009 an arbeitete sie elf Jahre mit dem Seoul Philharmonic Orchestra zusammen. Hier gründete und leitete sie eine Reihe für zeitgenössische Musik. Esa-Pekka Salonen holte sie für neun Spielzeiten als künstlerische Leiterin der Reihe „Music of Today“ zum Philharmonia Orchestra nach London. Eine Position, die sie bis 2020 innehatte. 2022 begann Unsuk Chin eine fünfjährige Amtszeit als künstlerische Leiterin des Tongyeong International Festival in Südkorea und ihre künstlerische Leitung des Weiwuying International Music Festival in Taiwan.
Viele ihrer Werke sind auf CD erschienen. Hervorzuheben ist ihre erste Portrait-CD bei der Deutschen Grammphon in der Reihe 20/21, mit der sie die zehnjährige Zusammenarbeit mit dem Ensemble intercontemporain feierte. Neben Einspielungen ihrer Orchesterwerke Rocaná und Chorós Chordón sind auch Ensemblewerke wie Fantaisie mécanique und Gougalon sowie ihre Klavieretüden auf CD erhältlich. Ein Mitschnitt ihrer Oper Alice in Wonderland ist auf DVD erschienen.
Unsuk Chin erhält den Ernst von Siemens Musikpreis 2024 und ist die 51. Preisträgerin der Ernst von Siemens Musikstiftung nach Künstlern wie Benjamin Britten, der 1973 den ersten Musikpreis erhielt, Olivier Messiaen, Pierre Boulez, Helmut Lachenmann, Wolfgang Rihm, Tabea Zimmermann und Olga Neuwirth, um nur einige zu nennen.
Die Werke von Unsuk Chin sind seit 1994 exklusiv bei Boosey & Hawkes verlegt.